Wir waren am 15.11.25 eingeladen, einen Workshop-Teil in der Austellung Best of II – Visitor’s Choice im Museum Gunzenhauser in Chemnitz durchzuführen, eingeladen von Pochen (Spinnerei e.V.). Die Teilnehmenden erkundeten das Haus, Orte des Alltags im Museum, realiefartige Strukturen an sich und den Anderen, teils mit dem Ziel, eine T-Shirt-Edition zu erstellen.
Talk mit dem Kollektiv Raumstation in der Alten WU (Archiv der Aneignung x Stadtstempel-Projekt)
Diskurs um die „Bekannte Unbekannte“
Neben der praktischen gestalterischen und vermittelnden Arbeit rund um das Stadt- oder auch Knet-stempeln, setzen wir uns auch theoretisch damit auseinander und treten mit verschiedenen Partner_innen in den Dialog, um Gedanken zu sortieren, Blicke aus anderen Disziplinen hinzuzunehmen und zu erörtern, was die Methode kann und (in uns) hinterlässt.
Im Rahmen der Vienna Design Week haben 3 diskursive Formate, hier „Sichtungen“ genannt, stattgefunden: Ein Talk in der Ausstellung im musa mit der Architektin und Buchkünstlerin Anna-Maria Wolf und dem Mediensoziologen Marc Ries, ein gemeinsames Analysieren von Methoden zur Raumaneignung zusammen mit Kollektiv Raumstation Wien in der Alten WU und ein Gespräch mit Kai Rosenstein vom Team des World Design Capital Frankfurt/Rhein Main 2026 im Rahmen deren Auftritt bei der Vienna Design Week.
Es folgt ein Auszug aus dem Gespräch am 27.9.25 mit Anna-Maria Wolf und Marc Ries:
MK Im öffentlichen Raum ist man unter Beobachtung. „Was machen die da?“ Hin und wieder sprechen Leute uns an. Man kommt den Dingen schließlich sehr nah. Man berührt sie und macht etwas, was man von aussen nicht so richtig einschätzen kann in dem Moment.
LS Es steckt auch eine Utopie dahinter – die ganze Welt aufnehmen zu wollen. Wir haben jetzt in Wien vielleicht insgesamt zwei Quadratmeter Stempeldruck gemacht. Das kann unendlich weitergehen.
Das Arbeiten mit der Knete ist so niedrigschwellig, dass andere das nun auch viel machen. Es ist spannend zu wissen, dass andere zeitgleich auch mit Knetstempel arbeiten, irgendwo auf der Welt. Wir sehen Videos aus Bogotá oder aus Spanien oder manchmal auch nur aus der Nachbarstadt, wo dann plötzlich die gleiche Methode im öffentlichen Raum angewendet wird. Das ist auch ein bisschen irritierend, aber auch interessant, dass das so ansteckt. Dass alle berühren wollen und fasziniert sind davon.
AMW Man kann schon sagen, dass Menschen immer dieses Gefühl haben oder dieses Bedürfnis etwas festzuhalten. Eigentlich ist dann der Fotoapparat oder mittlerweile ist die Fotofunktion am Mobiltelefon, die gängigste Methode. In der heutigen Zeit, wo die Speicherkapazität unendlich ist und man fotografiert ohne Ende, hat man tausende Fotos und schaut sie nie wieder an. Von dem her ist es eine totale Konzentration mit der Stempeltechnik, dass man wirklich eine präzise Auswahl trifft, was man jetzt genau eigentlich festhalten möchte. Und das Festhalten, beim Halten ist es schon diese Haptik eigentlich integriert im Wort. Also man möchte etwas halten – und halten ist berühren. Und wenn man ein Foto macht mit dem Telefon oder mit dem Fotoapparat, dann hat das ja nichts mit Berühren zu tun. Es braucht sogar die Distanz damit es funktioniert.
LS Es ist nur die Fingerspitze auf dem Display.
AMW Genau, aber der Gegenstand, der abgebildet wird, der wird nicht berührt. Wenn ich so nah hingehe, dann wird das Foto nichts. Also von dem her ist ja das Festhalten eigentlich mit der Knetstempel-Technik wirklich direkt möglich. Also dass man wirklich ganz nah hingeht und wirklich nur sich einmal auch Gedanken darüber macht, welchen Ausschnitt möchte ich denn jetzt überhaupt festhalten. Und nicht: Ich mache mal so ein großes Foto und dann kann ich mir später ja noch immer reinzoomen, was ich jetzt genau anschauen möchte.
MR Ich glaube die Verzweiflung ist schnell einmal da mit dem Stempel vor einer unheimlichen Vielfalt an Dingen zu stehen. Und dann aber sehr wohl auswählen zu müssen und immer sich klar zu machen, ich kann nur einen winzigen Teil aufnehmen, mitnehmen, berühren, wie auch immer. Also die Auswahl, diese Kunst des Wählens, des Auswählens, die kommt da dazu. Und am Anfang ist man wahrscheinlich euphorisch und will halt alles Mögliche. Aber irgendwann ist klar, es bleibt bei so ganz minimalen Spuren.
(…)
vlnr: Marc Ries, Marina Kampka, Lena Schrieb, Anna-Maria Wolf
Vom 26.9. bis 5.10 fand im musa, dem Ausstellungsort für Wiener Gegenwartskunst des Wien Museums im Rahmen der Vienna Design Week unsere Ausstellung „Die bekannte Unbekannte – das STADTSTEMPEL–Projekt Wien Formenarchiv“ statt.
Die Ausstellung füllte sich im Rahmen der Woche mit den ca. 400 in Wien abgenommenen und gedruckten Motiven – „Unbekannten“, die wir uns im Laufe der Zeit in Wien vertraut machten. Nach und nach entstand eine Nahaufnahme des öffentlichen Raums Wien in vielen kleinen Ausschnitten – und damit eine beständige Annäherung und Aneignung desselben unsererseits.
Zu Beginn der Ausstellung entwickelte sich zunächst eine räumliche Struktur aus dem Ausstellungsmöbiliar – 50 Klappkisten (eigentlich vor allem für den nachhaltigen Gemüsetransport gedacht und mit freundlicher Unterstützung der Polytec-Group für den Austellungszeitraum geliehen). Klapp- und Gemüsekisten und deren Strukturen begleiten uns schon eine Weile zu unserer papiernen Archiv-Arbeit – ein schönes Pendant zu dem Anhäufen, Verstauen und Transportieren.
Neben der quasi performativen Arbeit des Druckens und Sammelns im öffentlichen Raum bekam das Wien-Formen-Archiv im musa ein temporäres „Zuhause“ – in dem wir gern zu Gast waren. In der Zwischenzeit ist es nach Frankfurt gereist – wo es im Rahmen des „World Design Capitals 2026“ gezeigt werden wird – wo und wann ist uns noch unbekannt, wir werden berichten.
Im Shop des „Wien Museum musa“ werden bis Jahresende STADTSTEMPEL DIY-Stempel-Sets und ausgewählte Postkarten aus der RISO-Edition erhältlich sein.
Während der Vienna Design Week fanden drei Workshops im öffentlichen Raum in sehr verschiedenen Settings in unterschiedlichen Wiener Bezirken statt, über die wir gerne berichten:
26.9. / 5. Bezirk / Treffpunkt neunerhaus Café Begleitet von Clemens Foschi (Caritas Wien) entdeckten wir inhaltlich wie auch druckend vor allem Höfe und Geschichte der Wiener Gemeindebauten, von denen es im 5. Bezirk zahlreiche und prominente gibt. Der Workshop begann im neunerhaus Café, einem warmen Ort, an dem hochwertige Speisen und Getränke vor allem für von Obdachlosigkeit betroffene Menschen zubereitet werden – und der alle Menschen einlädt, hier einzukehren (auf Spendenbasis) und endete am ersten Wiener Hochhaus.
28.9. / 9. Bezirk / Archiv der Aneignung x STADTSTEMPEL-Projekt Treffpunkt: Alte WU, Archiv der Aneignung In Zusammenarbeit mit dem Kollektiv Raumstation Wien wurde kollektiv im gemeinsamen Workshop das „STADTSTEMPEL Alte WU-Archiv“ angelegt, welches im „Archiv der Aneignung“ verbleibt. Dieses sammelte im Rahmen der Vienna Design Week ebenfalls als Projekt der „Stadtarbeit“ Spuren der aktuellen Zwischennutzung des gigantischen Geländes, welches nur eine kurze Episode der eigentlichen Nutzung erfuhr, heute sehr vielfältig genutzt und belebt wird und dem wahrscheinlich der Abriss droht. Gemeinsam archivierten wir Spuren vergangener und aktueller Nutzungen auf dem Aussengelände und im Innenraum.
3.10. / 4. Bezirk / Festival-Zentrale Treffpunkt: Stand des World Design Capital 2026 Frankfurt RheinMain Traditionell nutzt die Vienna Design Week Leerstände als Orte für ihre Festivalzentralen – dieses Jahr eine Infrastruktur einer ehemaligen Auto-Werkstatt inkl. großem Freigelände und Halle, die sich ganz ungeahnt hinter einer Durchfahrt gleich an der Straßenbahn-Haltestelle „Mayerhofstraße“ entfalten. Ausgangspunkt des Workshops war hier der Messe-Auftritt des WDCs, per Knetstempel erkundet wurden Reifen und andere Überbleisel, das Stadtholzarchiv und die nahe urbane Umgebung auf der Wiedner Hauptstraße.
Wir danken allen Teilnehmenden und Kooperationspartner_innen der Workshops!
Eine Idee aus Zürich – in Wien realisiert: Die STADTSTEMPEL-Archivkarten, eigentlich Originale und Unikate in Auflage und in Farbe reproduzieren – per Risografie-Druck. Was eigentlich eine Idee von Lena aus Zürich war, nämlich dort im Kulturbüro auf dem Riso eine kleine Edition zu drucken und aus Zeitgründen auf einen anderen Zürichaufenthalt verschoben wurde – realisierten wir in Wien in Zusammenarbeit mit SOYBOT, einem Riso-Studio vor Ort in Wien. Entstanden ist eine kleine Edition – 8 Motive in je 3 Farben zu einer Auflage von 20 Stück pro Farbe. Zur Zeit beehren wir Freunde und Familie mit diesen Grüßen aus Wien und ausgewählte Motive sind im Shop des musa Museums Wien bis Jahresende erhältlich. Im nächsten Jahr werden die Karten auch an anderen Orten erwerbbar sein – z.B. im Rahmen der Ausstellung des Wien-Archivs in Frankfurt und beim Hot Printing Festival.
Ab nächste Woche sind wir zu Gast in Wien: Das STADTSTEMPEL-Projekt ist eins von 3 Projekten, die dieses Jahr das Programm der STADTARBEIT der Vienna Design Week gestalten dürfen. „Bei der Stadtarbeit geht es um die Gestaltung urbaner und sozialer Räume in ihrer Vielgestalt und Komplexität.“ Es werden Projekte kuratiert, die (Social) Design, den öffentlichen Raum und Teilhabe verbinden. Wir freuen uns, das STADTSTEMPELN in diesem Kontext zu erforschen und haben ein vielfältiges Programm zusammengestellt.
Während der Zeit in Wien entsteht das STADTSTEMPEL Wien Archiv, welches in der musa Startgalerie in Form einer Ausstellung (work in progress) verortet sein wird, es finden Workshops und Archiv-Sichtungen statt. Zwischen den Terminen sind wir archivierend und druckend im Stadtraum unterwegs – im Dialog mit Menschen und Orten. Wir nehmen gerne Orts- Empfehlungen entgegen, an denen Wien stadtstempelnd archiviert werden soll, meldet euch gerne bei uns.
Zudem launchen wir im Rahmen der VDW einen Online-Shop, in dem T-Shirts mit einzelnen, vergrößerten Wien-Motiven print-on-demand bestellt werden können. Die Motive können so -auf dem Rücken- wieder zurück auf die Straße und in den öffentlichen Raum getragen werden – in Wien oder anderswo.
Chinesische Steinabreibungen – Zwei Begleitworkshops im Museum für Druckkunst, Leipzig
Das Stadtstempel-Projekt ist zu Gast im Museum für Druckkunst. Die aktuelle Ausstellung (26. April bis 31. August 2025) gibt Anlass, mit Knete, Stempelfarbe und Papier eigene Kompositionen drucken. Dabei gehen wir auf Formensuche im Haus und spüren Reliefs auf, die sich 1:1 auf Papier übertragen lassen. Das Metall der Maschinen, die weiche Knete und die Stein-Reliefe aus China werden hier auf ganz eigene Weise erforscht und zusammengebracht.
Termine:
Mittwoch, 30. Juli, 10-13 Uhr &
Sonntag, 31. August, 13:30-16:30 Uhr
Konzept und Durchführung: Lena Schrieb & studio pari-pari
Ein Projekt von studio pari–pari ist das STADTSTEMPELN, welches immer mal wieder in anderen Städten gastiert, eingeladen wird, wie ein Chamäleon „verschiedenfarbig“ changiert und verschiedene Rollen einnimmt: meist in Form von Archiv-Arbeit, Workshops, einem Künstlerinnenbuch, Kooperationen. Ende Juni 2025 sind wir druckend in Zürich unterwegs. Alle sind eingeladen, sich uns anzuschließen, entlang einer Route durch die Stadt und über den See, oder beim Familienworkshop auf der Josefwiese. Ein weiterer Workshop mit Augenmerk auf individuelle Gestaltung und Komposition ist ebenso mit im Programm, dieser findet statt mitten im Kreis 3.
Wir geben Einblick in die wichtigsten Kniffe einer seit ein paar Jahren von uns ausgekundschafteten Technik. Wir vermitteln Grundlagen im Umgang mit Knetstempeln auf Papier. Die Open Class ist ein halbstündiges Gesprächsformat und gibt Tipps und Anregungen zum „STADTSTEMPELN“. Auch ist Zeit für ein paar individuelle Fragen. Bisher haben fünf dieser Crashkurse stattgefunden und es ist faszinierend, wer alles daran interessiert ist, ähnliche Wege zu gehen.
Wir sind auf mehreren Ebenen Teil der Gruppenausstellung „Family Heirlooms“ im Kunstraum Modos Dever in Leipzig: Wir durften die grafische Ebene gestalten und sind mit Künstler*innenbüchern in der Ausstellung vertreten. Cora Marin, Initiatorin des Ausstellungsraumes und der Ausstellung hat 8 Familien eingeladen, Beiträge zu entwickeln, die in Kooperation der Familien* entstehen und sich um das Thema „Familienerbstücke“ drehen. Diese Einladung hat ein lebendiges Feld aufgemacht, in dem viele interessante Fragen gestellt wurden: Welche Techniken und Herangehensweisen überliefern wir unseren Kinder, die in einem künstlerisch geprägten Umfeld aufwachsen?Wie können wir zusammen Familienerbstücke schaffen, die von Begegnungen auf Augenhöhe und dem Zusammensein im kreativen Schaffen erzählen? Wie können wir Prozesse gemeinsam mit unseren Familien durchlaufen, die im Ausstellungskontext wahrgenommen werden? Wie können wir Kunstschaffen und Sorgeschaffen nebeneinander und miteinander (besser) gestalten? Die Ausstellung läuft noch 2 Wochen – wir laden herzlich zum Nachbarschaftsfest am letzten Ausstellungswochenende ein.
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